Freitag, 2. Dezember 2016

Fünf Tage bis zur Gerichtsverhandlung.

In fünf Tagen ist es soweit und ich werde eine weitere  (dritte) Aussage machen.
Ich bin bereit.

Bis dahin muss ich noch:

  • Eine Email an meine Anwältin schicken, 
  • Die Aussagen durchlesen,
  • Zum Friseur gehen.


An meine Anwältin möchte ich deshalb schreiben, damit sie weiß, dass ich den Täter während meiner Aussage nicht aus dem Raum schicken will. Ich will, dass er dabei sitzt; dass er sieht, dass ich keine Angst vor ihm habe, dass die Schöffen sehen, dass ein vollkommen normal aussehender Mensch zu solchen Taten sehr wohl fähig ist
Ich hoffe damit die Schöffen zu erreichen, und ich hoffe damit alle im Innen zu erreichen, und ihnen zu zeigen, dass wir jetzt erwachsen sind und keine Angst mehr haben müssen. Dass wir auf uns und einander aufpassen können.

Ich fühle mich, als hätte ich mein Leben lang auf diesen Moment hingearbeitet. Früher habe ich mir immer vorgestellt, G und M, meine Täter, anzusprechen und ihnen  zu sagen: "Ich kann mich noch erinnern, und ich habe keine Angst mehr vor euch!"
Und jetzt ist es so weit. Ich kann es endlich tun! Auch wenn G mittlerweile gestorben ist, M ist noch am Leben und wir werden ihm die Stirn bieten. Wir sind stärker und intelligenter als er, wir sind erwachsen, wir sind nicht mehr angst-erfüllt.

Der Grund warum ich meiner Anwältin noch nicht geschrieben habe, ist, dass ich nicht weiß, wie ich den Täter benennen soll? Soll ich sagen "der Täter", "mein Täter", "mein Onkel" oder seinen vollen Namen benutzen?
Das ist für mich keine leichte Entscheidung, denn aus irgendeinem Grund ist das exakte Wort, dass ich benutze von unglaublicher Bedeutung. Trotzdem, es wird schön langsam Zeit diese Email zu schreiben und auch abzuschicken. Vielleicht kann ich die im Innen dazu bringen es einfach nicht so schwer zu wiegen zu lassen, dies eine Wort.

Die Aussagen noch einmal durchzulesen wird bestimmt schwierig werden. Aber ich muss damit heute beginnen, denn es sind viele Seiten.
Ich muss mich so gut wie möglich auf die kommende Situation vorbereiten, damit ich, sollte der Gegenanwalt versuchen mich unter Druck zu setzen, trotzdem immer noch gelassen und konzentriert antworten kann.

Innerlich fühle ich mich wirklich bereit, das alles anzugehen.
Fünf Tage.

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