Donnerstag, 9. August 2012

In einem dunklen Ort gefangen

Die letzte Woche war keine gute. Ich war an einem dunklen, feuchten, kalten Ort gefangen innerlich. Erst in der Therapie konnte ich mich von dort lösen und an einen Ort zurück gehen, der wesentlich angenehmer war.

Was war der Auslöser? Fragen über die Vergangenheit. Einiges liegt noch im Dunkel verborgen. Anderes ist bereits ans Licht gebracht, jedoch kehren Innenanteile immer wieder an diese Orte der Erinnerung zurück, weil sie es schwer finden an die Sicherheit im heutigen Außen zu glauben, es schwer finden sich hier zu verankern, es schwer finden Geborgenheit anzunehmen.

Glücklicherweise gibt es dann so tolle Therapeuten wie meine, und so tolle Freunde, wie ich sie habe.

In der Nacht vor der Therapie wurde ich von Alpträumen vermischt mit Flashbacks geplagt. Immer wieder wachte ich schreiend auf. Immer wieder das Wort: "NEIN!"
Mein Freund blieb wach an meiner Seite, streichelte mir den Rücken, war für mich da. Redete mir zu. Er ist einfach wundervoll und ich bin froh ihn zu haben.

Es muss schwer für ihn sein.

Seit meinem Therapietag geht es glücklicherweise wieder viel viel besser. Ich bin wieder lebensfroher, entspannter und glücklicher.
Wieviel es ausmachen kann einen Ort im Innen zu verlassen, ihn zurückzulassen, wieder in Sicherheit zu sein - selbst im Innen.

Ich weiß noch viel zu wenig über meine innere Landschaft. Das wurde mir in den letzten Tagen immer wieder klar. Ich weiß zu wenig über meine Innenanteile, meine "headmates". Ich beschäftige mich zu wenig mit ihnen.
In den letzten Monaten war ich so glücklich im Außen, konnte mir eine stabile Beziehung aufbauen, konnte meine Freundschaften vertiefen, dass ich die meiste Zeit ignorierte, was Innen geschah.
Mir ist klar, dass das letztendlich zu Desaster wie eben in der letzten Woche führt. Mir ist auch klar, dass es  zu noch mehr Chaos im Innen führt, als sowieso schon vorhanden ist.
Dennoch fällt es mir schwer, mich mit all dem auseinander zu setzen.

Ich wäre so gerne frei. Frei von meiner Vergangenheit, frei von den UNTaten meiner Verwandten und dem Nichts-Tun der Zeugen. Ich wäre so gerne frei von den dunklen Orten an die mich die Täter gebracht haben.

Ich weiß der Weg in die Freiheit funktioniert bei mir nur durch liebevolle Konfrontation mit meinen Innenpersonen, mit den "Mitbewohnern" wie sie eine Bekannte einmal nannte. Mit meinen "headmates".

Aber es ist schwer. Es ist schwer all diese Personen in meinem Innen zu entdecken. Die kampfbereiten Teenager, die traurigen und auch fröhlichen Kinder, die spirtiuellen Seelen, all diese Verwundbarkeit, wenn auch verbunden mit unglaublicher Kraft, machen es nicht einfach.

Es ist schwer daran zu glauben, dass in mir all diese Personen wohnen können, in meinem Körper und Kopf. Es ist schwer zu glauben, was mir mein Außen berichtet von den Dingen, die ich getan habe, während "ICH" nicht da war. Es ist schwer zu glauben, dass das alles Realität ist. Meine - unsere - Realität.

Es ist schwer zu glauben.
Daher verstehe ich, wie schwer es für Menschen zu glauben sein muss, die nicht davon betroffen sind, die nicht regelmäßig mit Multiplen zu tun haben, die nicht so schlimme Dinge erlebt haben und daher auch oft gar nicht glauben, dass solche Dinge ("heute, im Hier und Jetzt?! Im 21. Jahrhundert? In Österreich?!") geschehen.
Tag täglich.

 Ja, ich bin nicht alleine gefangen an einem solchen dunklen Ort.
Ich finde keinen Trost darin, dass solche Dinge auch anderen Menschen passieren.
Aber ich finde Trost darin, dass ich nicht die einzige Multiple bin auf dieser Welt. Ich finde Trost in den Internetforen, wo "Menschen wie ich" schreiben, mit mir Freud und Leid teilen, mich wissen lassen: "Du bist nicht allein".
Ich hoffe ich kann das mit diesem Blog auch im deutschsprachigen Raum tun.

Ihr seid nicht alleine. Ob multipel, oder einfach nur ein Mensch, der viel zu viel Leid in seinem Leben erfahren musste: ihr seid nicht allein.
DU bist nicht alleine.

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